Herausforderung Kirchen im Winterbetrieb annehmen
Herausforderung Kirchen im Winterbetrieb annehmen – Entscheidung zum Beheizen der Kirchen.
Nicht nur die vergangenen Winter haben uns als Pfarrei St. Franziskus und Klara bezüglich der Nutzung von Kirchen und Gemeindezentren herausgefordert. In den beiden vergangenen Jahren haben wir in den Wintermonaten in all unseren Kirchen Gottesdienste auf Grundtemperatur von 6 bis 8 Grad gefeiert. Wir haben die Rückmeldungen der Gemeindemitglieder hierzu sehr ernst genommen und in den Gremien reflektiert, welche Entscheidungen wir daraus für unser zukünftiges pastorales Handeln auch hinsichtlich der Gottesdienste ableiten können. Um die Entscheidung der Gremien verstehen zu können bedarf es dazu einiger Erklärungen.
Vor welchen Herausforderungen stehen wir als Pfarrei?
Die Pfarrei St. Franziskus und Klara ist die höchst gelegene Pfarrei unseres Bistums mit besonderen klimatischen Herausforderungen. Unsere 12 Kirchen im Regelbetrieb bringen zudem unterschiedliche Voraussetzungen bezogen auf Größe, Energieform, und klimatische Einflüsse auf das Gebäude mit sich, was zu einer sehr komplexen Betrachtung führt. Die einzelnen Kirchen sind daher auch nicht miteinander vergleichbar. Zudem besteht auf Grund der gegebenen Bedingungen eine schwere Bemessungsgrundlage und verlässliche Vergleichswerte zum Energieverbrauch können frühestens nach dem kommenden Winter evaluiert werden. Hinzu kommt eine unterschiedliche pastorale Situation der Kirchorte, sowie die Beachtung der Beschlüsse hinsichtlich des Konzeptes der Kirchlichen Immobilienstrategie (KIS). Es besteht zudem von Seiten des Bistums kein Solidaritätsfond bezüglich eines Ausgleiches von Lasten für Energie- und Gebäudeerhaltungskosten, weshalb wir als eigene Körperschaft des öffentlichen Rechtes Entscheidungen treffen müssen, wie wir mit der gegebenen Situation umgehen.
Vor welcher Ausgangssituation stehen wir?
Viele Pfarreien beheizen Kirchen grundsätzlich nicht mehr. Die in den vergangenen beiden Jahren praktizierte Form der Grundtemperatur in den Kirchen entspricht grundsätzlich den Regelungen in der Region Taunus. Auch die evangelische Kirche beheizt Kirchen nicht flächendeckend, sondern nur teilweise.
Hinzu kommt, dass wir finanziell nicht mehr in der Lage sind, eine Beheizung unserer Kirchen zu gewährleisten. Ebenso zeigt die Erfahrung der vergangenen Jahre, dass es zu keinem eklatanten Einbruch der Gottesdienstbesucherzahlen gekommen ist.
Erfahrungen anderer Pfarreien zeigen, dass eine monatliche Rotation geöffneter Kirchen ebenso wenig eine Lösung ist, wie das Praktizieren unterschiedlicher Lösungen an verschiedenen Kirchorten einer Pfarrei.
Welche Gründe führen zum Finanzierungsproblem?
Grundsätzlich lassen sich die Gründe für die finanziellen Herausforderungen unserer Pfarrei, die auch das Beheizen der Immobilien betreffen an drei Säulen festmachen:
- Politik: Die gestiegenen Energiekosten vor allem für Gas und Öl betreffen uns gravierend. Hinzu kommt nun auch noch die wieder eingeführte Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes auf Energie von 19%. Ein weiter erhöhtes Kostenaufkommen für die Pfarrei ist durch die neue Heizgesetzgebung des Bundes zu erwarten. Hinzu kommt die allgemeine Kostensteigerung durch Inflation, die uns maßgeblich trifft.
- Bistum: Im Bistum Limburg muss, wie auch in den anderen Bistümern, mit einem erhöhten Rückgang des Kirchensteueraufkommens in den kommenden Jahren gerechnet werden. Ein Haushaltssicherungsgesetz mit Einsparungen von über 50 Mio. Euro im Bistum Limburg wird auch den Gesamthaushalt unserer Pfarrei massiv betreffen. Dabei sollte das Geld schwerpunktmäßig noch in die pastorale Arbeit investiert werden können. In Zukunft sind auch von Seiten des Bistums keine Zuschüsse für Heizkosten mehr zu erwarten.
- Pfarrei: Der Rückgang von Mitgliederzahlen in der Kirche wird sich bedauerlicher Weise in den nächsten Jahren auch massiv auf unserer Pfarrei auswirken. Dies führt zu veränderten Schlüsselzuweisungen und damit verbunden auch zu einem dramatischen Rückgang der allgemeinen Finanzmittel. Daher muss auch bei der Energie zusätzlich gespart werden. Hinzu fordert uns die Kostensteigerung auch in anderen Bereichen, wie Personal und Baukosten, massiv heraus und muss zusätzlich kompensiert werden.
Fazit: Mehrere Faktoren und nicht nur die gestiegenen Energiepreise haben Einfluss auf eine Entscheidung zum Beheizen unserer Kirchen und Gebäude. Wir müssen die Gesamtliquidität der Pfarrei im Blick behalten. Erste Pfarreien im Bistum sind in dieser Situation bereits insolvent.
Was würde das Beheizen von Kirchen überhaupt kosten?
Auf Grund der unterschiedlichen Situationen der Kirchorte und der Unklarheit klimatischer Faktoren lassen sich hierzu keine in konkreten Zahlen belastbaren Aussagen treffen. Es gibt aber Erfahrungswerte, die ein Best-Case-Szenario zeigen. Im besten Fall würde uns das Erwärmen der Kirche um 2°C demnach ca. 50€ pro Gottesdienst kosten. Das wären bei 12 Kirchen an einem Wochenende 600€. In einem Monat entstünden demnach Heizkosten von 2400€, bei einer Heizperiode von 6 Monaten wären dies im besten Falle Kosten von 14.400€ für das Beheizen um 2°C. Aktuell liegt der Haushaltsansatz für Energiekosten in unserer Pfarrei für alle Gebäude (also mit den Gemeindehäusern) bei ca. 80.000€. Damit würde das Beheizen um 2 Grad mindestens 18% des Gesamtvolumens für die ganze Pfarrei betreffen. Hinzu kommt, dass wir in Zukunft davon ausgehen müssen, dass wir vrsl. mit einem Ansatz von ca. 40.00€ bei den Heizkosten planen müssen. Auch das Beheizen von Kirchen kann uns zur Zahlungsunfähigkeit führen. Es wird uns daher auch vrsl. früher als geplant nicht mehr gelingen, die bestehenden Kirchorte betriebswirtschaftlich weiter zu betreiben. Dies macht auch deutlich, dass wir dringend das KIS-Konzept umsetzen müssen, um uns von Immobilien zu trennen, weil wir uns schon aus energetischen Gründen den Unterhalt nicht mehr leisten können.
Wie haben die Gremien der Pfarrei nun entschieden?
Nach Beratungen im Pastoralteam und in den Gremien Pfarrgemeinderat und Verwaltungsrat haben PGR und VRK nach einem Prozess der Abwägung eine Entscheidung getroffen, wie mit den gegebenen Herausforderungen umgegangen werden soll. Der PGR hat diese Entscheidung zuerst beraten, damit die pastoralen Gesichtspunkte bei der Entscheidung berücksichtigt werden können. Dabei steht folgendes Ergebnis nach Beschlussfassung fest.
Einzelne Kirchen unserer Pfarrei sollen in Zukunft bei den Sonntagsgottesdiensten (inklusive Vorabendmessen) auf 10 Grad beheizt werden. Im Gegenzug dazu werden an anderen Kirchorten die Heizungen aus der Nutzung genommen und auch nicht auf Grundtemperatur geheizt.
Konkret bedeutet dies:
- Geöffnet bleiben die Kirchen in Niederreifenberg, Schmitten, Neu-Anspach, Wehrheim und Usingen. Sonntagsgottesdienste werden hier beheizt auf 10 Grad gefeiert. Werktagsgottesdienste werden auf Grundtemperatur gefeiert. Ebenso kann die Kirche bei Sondernutzungen, wie besonderen Gottesdiensten oder weiteren besonderen Angeboten in Absprache auf 10 Grad geheizt werden, wenn diese einer Nutzung beim Sonntagsgottesdienst vergleichbar sind.
- Die Kirchen in Oberreifenberg, Seelenberg, Pfaffenwiesbach, Kransberg und Wernborn werden geschlossen. Die bestehenden Gottesdienste sollen nicht gestrichen werden. Sie können in Wernborn, Kransberg und Pfaffenwiesbach im Gemeindesaal stattfinden, wobei bei Kapazitätsgrenzen auf andere Kirchen ausgewichen werden kann. In Seelenberg und Oberreifenberg können die Gottesdienste in der Kirche Niederreifenberg oder einem anderen geeigneten Raum, den die Ortsausschüsse benennen, gefeiert werden. Hier gibt es keinen Gemeindesaal, der genutzt werden kann. Die Gemeindesäle werden für die Gottesdienste nicht zusätzlich beheizt, sie werden auf der Grundtemperatur gehalten, mit der sie über den Winter geführt werden.
- In Grävenwiesbach bleibt die Kirche für Gottesdienste unter der Voraussetzung geöffnet, dass in der neu isolierten Kirche die Temperaturen nicht unter 10 Grad fallen. Sollte dies der Fall sein, werden auch dort die Gottesdienste in den Gemeindesaal verlegt. Die Heizung der Kirche bleibt ausgeschaltet.
Von wann bis wann gelten diese Regelungen?
Die entsprechenden Regelungen gelten ab dem Sonntag nach dem Erntedankfest und enden mit dem Palmsonntag. Ausgenommen von der Regelung sind die Weihnachtswoche (24.12.-01.01.) sowie die Gottesdienste nach Gottesdienstplan zum Fest Erscheinung des Herrn bzw. Aussendungsgottesdienst der Sternsinger und Mariä Lichtmess. Hier wird die Temperatur in der Kirche jeweils auf Grundtemperatur gehalten.
Warum gelten diese Regelungen schon ab Oktober?
Es ist richtig, dass im Oktober damit gerechnet werden kann, dass die Temperaturen in den Kirchen noch nicht unter 10 Grad fallen müssen. Dennoch bedarf es einer Zeit der Vorbereitung, die Kirchen für die Winterschließung entsprechend einzustellen. Wir orientieren uns dabei an der Heizperiode.
Hinzu kommt, dass mit einer klaren Terminierung verhindert werden soll, dass eine Entscheidung zur Schließung nicht kurzfristig innerhalb weniger Tage getroffen werden muss. Ebenso soll so ein klarer Zeitpunkt genannt sein, um allen eine entsprechende Sicherheit für die Maßnahme zu geben. Ebenso ist es so auch möglich, dass auch für andere liturgische Feiern, wie Taufen oder Hochzeiten klar benannt werden kann, ob gerade in der Übergangszeit eine Kirche geöffnet ist oder nicht.
Warum feiern wir in unbeheizten Kirchen keinen Gottesdienst?
Zum einen geht es darum, die Gebäude gut durch den Winter zu führen. Da die technische Infrastruktur des Gebäudes nicht in vollem Betrieb ist, ist eine Nutzung schwierig. Zudem kann eine Ansammlung von Personen in einer solchen Kirche durch entstehende Feuchtigkeit zu Schäden an der Gebäudesubstanz führen. Dies soll verhindert werden. Aus diesen Gründen werden die Gebäude auch regelmäßig zu belüften sein.
Zum anderen zielt die Entscheidung der Gremien darauf hin, keine Spannung zwischen Kirchorten, die eine Kirche beheizen und Kirchorten, die nicht beheizen, entstehen zu lassen. Leider musste in der zurückliegenden Heizperiode zudem die Erfahrung gewonnen werden, dass sich nicht alle Kirchorten an die vorliegende Beschlussfassung gehalten haben.
Es gilt noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung, Kirchen zu schließen, nicht mit einer Reduktion von Gottesdiensten in Verbindung stehen muss. Es soll hierdurch kein Gottesdienst versteckt gekürzt werden. Es muss nur entschieden werden, wo und wie diese gefeiert werden. Konkrete Regelungen werden mit den Ortsausschüssen aktuell besprochen.
Was bedeutet es, dass eine Kirche geschlossen wird?
Die Schließung der Kirche bezieht sich auf deren Betrieb mit Gottesdiensten und Versammlungen. Geschlossene Kirchen können, wenn dies vor Ort so üblich ist, am Tag zum Einzelgebet geöffnet bleiben.
Welche Gründe führten zur Öffnung oder Schließung einer bestimmten Kirche?
Die Gründe hierfür sind vielfältig. Beachtet wurden dabei unter anderem die folgenden Kriterien, die in der Reihenfolge der Aufzählung nicht in ihrer Gewichtung zu verstehen sind.
- Wo ist eine Abschaltung technisch möglich oder wo muss die Infrastruktur z.B. auf Grund von Mischnutzung eines Gebäudes in Betrieb bleiben?
- Ist es möglich, einen Gottesdienst auch in einer anderen Kirche im Nahumfeld zu besuchen?
- Wie ist die Verhältnismäßigkeit des Energieverbrauches bezogen auf das Gebäude zu bewerten?
- Wie stellt sich der Gottesdienstbesuch im Verhältnis zum Kirchenraum dar?
- Welche pastoralen Gründe machen die Nutzung der Kirche auch im Winter erforderlich?
- Wie wurden die einzelnen Kirchen nach KIS bewertet?
Wie werden diese Maßnahmen umgesetzt?
In den vergangenen Wochen sind bereits auch die Ortsausschussvorsitzenden über die anstehenden Veränderungen informiert worden. Diese sind gebeten worden, die Situation in die Ortsausschüsse zu spiegeln, um zu erfragen, welche Bedarfe es in dieser Situation vor Ort gibt. Diese sollen an die Pfarrei rückgebunden werden, sodass miteinander geschaut werden kann, wie diese herausfordernde Situation gestaltet wird. Des Weiteren werden auch Hausmeister und Küster in die Kommunikation mit hineingenommen, um miteinander die jeweiligen Bedarfe und Aufgaben, die sich aus den Entscheidungen ergeben, in den Blick zu nehmen.
Ist das nicht der erste Schritt, eine Kirche dauerhaft zu schließen?
Die Entscheidung, welche Kirchen in unserer Pfarrei nicht erhalten bleiben, wird nicht hierdurch herbeigeführt. Das erarbeitete KIS-Konzept, das die Zukunft der Immobilien unserer Pfarrei regelt, hat festgelegt, welche Kirchen uns langfristig erhalten bleiben sollen. Die Regelung der Winterkirchen greift diese Überlegungen auf und ist auch eine Konsequenz hieraus.
Steht nicht eigentlich hinter dieser Entscheidung, dass die betroffenen Kirchorte aufgegeben werden sollen?
Nein. Hinter dieser Entscheidung steht nicht der versteckte Versuch, Kirchorte aufzugeben. Es verdeutlicht sich aber leider durch die Entscheidung, dass ein „Weiter wie bisher“ nicht mehr möglich ist. Die grundsätzliche Entscheidung zur weiteren Nutzung von Kirchen und Gebäuden wurde im Rahmen des KIS-Prozesses schon getroffen. Jetzt liegt allerdings zum ersten Mal die Situation vor, dass sich konkret ausdrückt, was im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen steht. Dabei muss zugegeben werden: Es macht es einem Kirchort sicherlich nicht leichter, dass die Kirche im Winter geschlossen wird. Gemeindemitglieder werden das als einen schmerzhaften Einschnitt erleben. Es zeigt sich aber etwas, was leider immer häufiger kommen wird. Wir müssen schwerwiegende Entscheidungen treffen und uns von Immobilien trennen. Damit soll aber kirchliches Leben vor Ort nicht unterbunden werden. Kreative Ideen zum Umgang mit der Situation sind willkommen. Gleichzeitig bietet sich an Kirchorten, die sich die Frage zur Zukunft stellen, hier aber auch die Möglichkeit, sich mit anderen Orten zu vernetzen und an einer gemeinsamen Zukunft zu bauen.
Führt eine solche Entscheidung nicht dazu, dass noch mehr Menschen der Kirche den Rücken zuwenden?
Gerade an den betroffenen Orten macht diese Entscheidung das kirchliche Leben nicht leichter. Perspektivisch haben wir aber alleine schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht die Möglichkeit, alle Gebäude zu erhalten. Die temporäre Schließung von Kirchen wird an betroffenen Orten verständlicher Weise Unmut auslösen. Dies wird sicherlich Menschen aus unseren Gemeinden so treffen, dass sie sich die Frage stellen, ob sie diese Wege mitgehen können und vielleicht die Entscheidung eines Kirchenaustritts treffen. Trotzdem müssen wir uns, wenn es auch schmerzt, der Wirklichkeit stellen. Deshalb können wir nur ermutigen, neue Schritte zu wagen. Die Situation, dass die Kirche, in der ich vor Ort groß geworden bin und mein ganzes Leben lang den Gottesdienst besucht habe unverändert erhalten bleibt, wird sich an vielen Orten in der Realität nicht mehr zeigen können. Das tut weh und wird Menschen frustrieren. Es braucht jetzt aber auch die Bereitschaft, diese Schritte mitzugehen. Nur so können wir an einer gemeinsamen Zukunft bauen.