Unsere St. Laurentiuskirche
Unsere Laurentiuskirche
Unsere Kirche (damals noch Pfarrkirche heute ein Kirchort der Pfarrei St. Franziskus und Klara) wurde Ende der fünfziger Jahre gebaut und im September 1960 zu Ehren des heiligen Laurentius geweiht. Sie steht an dem Ort, an dem eine Backsteinkirche als Gotteshaus der früher kleinen Diasporagemeinde stand. Für die nach dem zweiten Weltkrieg größer gewordene Gemeinde reichte der Platz in der alten Kirche nicht mehr aus. Unter Pfarrer G.R. Adolf Möller entstand nach den Plänen von Architekt Johannbroer, Wiesbaden, unsere heutige Pfarrkirche. Das alte Pfarrhaus blieb erhalten und wurde erst im Jahre 1968 umgebaut bzw. erweitert.
Die Kirche ist mit dem Altarraum nach Osten gerichtet und gleicht in ihrer äußeren Form einem Zelt. Der Turm steht frei, so wie es teilweise in früheren Bauepochen, vor allem aber auch in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts, üblich war. Die Außenwände und die Altarwand sind mit Main-Sandstein verkleidet.
Betrat man vor der Neuordnung die Kirche durch den Haupteingang an der Westseite, so weitete sich der Blick zum Altarraum hin, wo auf erhöhtem Fußboden der Hochaltar errichtet war, auf dem das Tabernakel stand. Eine Kommunionbank trennte den Altar- vom Gemeinderaum und der Taufstein stand am Eingang der Kirche.
Gestaltung und Einrichtung der Kirche haben sich wesentlich an den liturgischen Erfordernissen zu orientieren. So konnte es nicht ausbleiben, daß unsere Pfarrkirche, schon nach relativ kurzer Zeit ihres Bestehens, einer Anpassung an die vom zweiten Vatikanischen Konzil beschlossene Liturgiereform unterzogen werden mußte.
Die Darstellung am Altar weist darauf hin, daß hier der Ort des Brotbrechens ist. Den Ambo ziert die Darstellung eines Senfkornes. So wie das kleine Korn sich zu einem großen Baum entwickelt, so möge das von hier verkündete Wort in den Herzen der Menschen vielfältige Frucht bringen. Auf der Tabernakelstele wird die Gegenwart Gottes im eucharistischen Brot symbolhaft durch einen brennenden Dornbusch gezeigt, aus dem Gott zu Moses sprach: "Tritt nicht näher heran! Ziehe deine Schuhe von deinen Füßen, denn der Ort, auf dem du stehst, ist heiliger Boden." (2 Mos. 3,5)
Altar, Ambo, Tabernakelstele und Taufstein sind aus blanc clair, einem weißen, oberitalienischen Marmor gearbeitet und wurden in der Werkstätte Engelbert Müller, Villmar, geschaffen.
Im Jahre 1974 wurde die Neuordnung des Altarraumes vorgenommen und verbunden damit die Renovierung des Innenraumes. Durch das Anordnen des Altares näher zur Gemeinde hin, kann der Priester dieser zugewandt zelebrieren. Er schließt somit an dieser Stelle den Kreis um den Altar, der sich aus Gemeinde und den seitlich angeordneten Plätzen für Chor, Schola und Meßdiener ergibt. Der Altartisch wird freigehalten von Blumen und Kerzen und dient so ausschließlich dem Wesentlichen, nämlich der Bereitung der Gaben und der Eucharistiefeier.
Durch großflächige Fenster, die aus farbigen Gläsern geschaffen sind, dringt Licht in den Kirchenraum. Das große Fenster im Altarraum zeigt drei junge Männer, die nach der Oberlieferung des Alten Testamentes auf wunderbare Weise vor dem Tode im Feuerofen gerettet wurden. Sie lobten Gott und sprachen: "Des Herren Werke alle preist den Herrn! Ihr Himmel, preist den Herrn! Du Sonne und du Mond. lobpreist den Herrn! Ihr Winde alle, preist den Herrn! Ihr Meere und ihr Flüsse, preist den Herrn! Ihr Tiere all, lobpreist den Herrn! Ihr Menschenkinder, preist den Herrn! Lobt ihn! Dankt Ihm, denn er ist gut! (aus Dan. 3,57-90). - Die versammelte Gemeinde soll durch dieses herrliche Fenster eingeladen werden, in den Lobpreis mit einzustimmen. Die Fenster an der Westseite der Kirche zeigen Darstellungen des heiligen Georg, des Patrons unserer Diözese Limburg und des heiligen Laurentius, des Patrons unserer Pfarrkirche, der auf einem Rost dargestellt ist. Nach der Überlieferung musste der Heilige den Märtyrertod im Feuer erleiden. Die Entwürfe für die Glasfenster in unserer Kirche stammen von dem Künstler Johannes Beeck und wurden in der Werkstätte G. Schröder in Frankfurt ausgeführt.
Der Ambo, Ort der Verkündigung des Wortes Gottes, ist ebenfalls näher an die Gemeinde herangestellt worden, um so den notwendigen personellen Kontakt zwischen Prediger und Zuhörer zu ermöglichen.
Als Vorsteher der Gemeinde im Gottesdienst hat der Priester seinen Platz in der Nähe des Ambo. Von hier aus leitet er die Liturgiefeier. Für die Aufbewahrung des eucharistischen Brotes mußte bei der Umgestaltung des Altarraumes ein eigener Platz geschaffen werden. Dort befindet sich auf einer Marmorstele das beim Kirchbau 1960 geschaffene Tabernakel, dessen Wandflächen mit Silber verkleidet und mit Bergkristallen besetzt sind
Die Taufe ist die Aufnahme eines Menschen in die Gemeinde. Künftig wird dieses Sakrament immer häufiger in Verbindung mit dem Gemeindegottesdienst gespendet werden. In Anpassung an den neuen Taufritus hat der Taufstein seinen Platz im Altarraum erhalten.
Ein Kreuz aus Bronzeguß, mit Bergkristallen geschmückt, überragt den Altarraum. Es zeigt den verklärten Christus, dessen Kreuzesopfer im eucharistischen Mahl gegenwärtig wird und das uns die Hoffnung auf die ewige Gemeinschaft mit ihm verkündet. Kreuz, Tabernakel und Leuchter wurden von Peter Bücken, Herzogenrath bei Aachen, geschaffen.
Altar, Ambo und Tabernakelstele sind mit Medaillons geschmückt, die aus dem Stein des jeweiligen Stückes herausgearbeitet sind.
Bei der Renovierung des Innenraumes wurden Wände, Decke und Bänke farblich neu gestaltet. In der Farbgebung ordnen sich diese Flächen den Prinzipalstücken (Altar, Ambo, Tabernakel) unter. Zugleich waren unterschiedliche Materialien zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen. Dem erfahrenen Kirchenmaler Bernhard Haizmann, unter dessen Leitung die Arbeiten ausgeführt wurden, gelang es, diese Aufgabe zu erfüllen.
Mit der Neuordnunng des Altarraumes nach den Erfordernissen der vom zweiten Vatikanischen Konzil festgelegten Liturgiegestaltung, haben Bau und Einrichtung unserer Pfarrkirchen ihren Abschluß gefunden.
Stellvertretend für alle, die auf mannigfache Weise zum Gelingen dieses Bauwerkes beigetragen haben, hoffe und wünsche ich, daß diese Kirche ihre Aufgabe erfüllt: "Haus der Gemeinde" zu sein!
Die Usinger Laurentiusgemeinde in Geschichte und Gegenwart
Folgender Text wurde im Rahmen einer Jubiläumsbroschüre unserer Kirchengemeinde veröffentlicht:
Von Pfarrer Raimund Gärtner, mit Fortführung nach 1995 durch das Internet-Team der Gemeinde
Am 24. Oktober 1976 kann die katholische Gemeinde in Usingen den 100. Jahrestag der Weihe ihrer ehemaligen Diasporakirche begehen.
Dieses Jubiläum bietet der Gemeinde die Chance, den Auftrag christlicher Gemeinde in unserer heutigen Welt zu überdenken. Dazu schreibt die gemeinsame Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland in ihrem Beschlusstext vom 5. 7. 1975 über die "Verantwortung des ganzen Gottesvolkes für die Sendung der Kirche" unter anderem das Folgende:
"Die Kirche ist nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift grundlegend Bruderschaft. ,Einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder' (Mt. 23,8). Alle sind Brüder durch dieselbe Berufung und dieselbe Sendung. Tatsächlich kommt dem Zeugnis der Brüderlichkeit in unserer Zeit besondere Bedeutung zu. Die Menschen werden sich der Notwendigkeit der Solidarität aller in der gemeinsamen Verantwortung für das Schicksal unserer Welt bewusst. Angesichts dieser Erwartung kann die Kirche nur dann Gottes Heil als Zukunft der Welt glaubhaft bezeugen, wenn in ihr selbst Brüderlichkeit gelebt wird." (1, 2+3)
gemeinsame Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland in ihrem Beschlusstext vom 5. 7. 1975
An diesem Anspruch wird künftig jede Gemeinde zu messen sein. Deshalb soll auch das Anliegen, brüderliches Miteinander innerhalb der Gemeinde zu wecken, bei allen Veranstaltungen der Jubiläumsfeiern gegenwärtig sein und der Gemeinde lebendig vor Augen stehen.
Gleichwohl erscheint es innerhalb einer Festschrift nicht unwichtig, sich auch der Vergangenheit zu erinnern. Jeder Mensch, so sehr er der Gegenwart verpflichtet ist und ständig auf die Zukunft hin lebt, ist doch ein geschichtliches Wesen und kann nicht gedacht werden ohne seine Eltern und Vorfahren.
Wieviel mehr gilt dies von der Gemeinschaft von Menschen, einer Gemeinde, die in ihrer heutigen Gestalt nicht vorgefunden werden könnte, hätte sie nicht ihre Wurzeln in der einst lebendigen Gemeinschaft vergangener Jahrhunderte.
Aus diesen Überlegungen wird deutlich: Die Beschäftigung mit der Vergangenheit wird niemals mit rein historischen Interessen zu begründen sein. Der Blick in die Vergangenheit kann dem Betrachter helfen, die Gegenwart besser zu verstehen und die gegenwärtigen Aufgaben im Blick auf die Zukunft zu lösen.
Bei den folgenden Betrachtungen soll auch nicht vergessen werden, dass in den vergangenen dreißig Jahren viele Neubürger sich in Usingen angesiedelt haben, denen eine Darstellung der heimischen Vergangenheit eine Hilfe sein könnte, um sich leichter in die hiesige Umgebung einzugewöhnen.
1. Von den Anfängen bis zur Reformation
Folgt man der neueren Ortsnamensforschung, wie sie von Jost Kloft in seinem Buch "Territorialgeschichte des Kreises Usingen" vorgestellt wird, gehört Usingen zu jenen frühen Siedlungsorten, die auf siedlungsgünstigem Gelände angelegt wurden und meist in Höhenlagen von nicht mehr als 250-300 m anzutreffen sind. Der Name Usingen wird weiterhin als Insassenname "Bei den Leuten an der Usa" gedeutet und weist auf eine Besiedelung zur Zeit des Sesshaftwerdens der germanischen Stämme nach der Völkerwanderung hin ').
Usingen tritt in die urkundlich belegbare Geschichtsschreibung, als verschiedene Grundherren in den Jahren 750-802 ihren dortigen Besitz der Abtei Fulda übertragen 2).
Diesem urkundlich bezeugten Ereignis ging die Verkündigung des christlichen Glaubens voraus, die in unserem Raum von Mainz mainaufwärts und von Trier lahnaufwärts verlief. Anfänge christlicher Gemeindebildung reichen in den bei den Städten bis in das 2. Jahrhundert. Bereits um die Mitte des 3. Jahrhunderts ist der erste Trierer Bischof Eucharius nachweisbar 4). Von diesen Zentren des Christentums erreichten die Glaubensboten in den nachfolgenden Jahrhunderten auch unsere Gegend. Westlich des Usinger Beckens gilt die Weil als ungefähre Trennungslinie zwischen Trier und Mainz 5).
Bereits vor der Mitte des 8. Jahrhunderts bestanden die Pfarreien Johannisberg bei Bad Nauheim und Echzell als die ältesten der Wetterau 6). Es ist anzunehmen, dass die Usinger Gemeinde damals zur Großpfarrei Johannisberg Eine Kirche in Usingen wird in einer Urkunde vom 25. Mai 1190 erwähnt. Diese Urkunde stellte das Kloster Rasdorf, eine Gründung des Klosters Fulda aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, unter päpstlichen Schutz und benennt die Laurentiuskirche in Usingen als zum Patronat des Klosters gehörig 7). Mit dem Jahr 1207 gelangt Usingen durch Neuvergabe seitens des Reiches unter das Patronat der Grafen von Diez und Weilnau, der Einfluss Fuldas erlischt fast ganz 8). Aus der alten Kirche ist ein romanischer Christuskopf aus dem Jahre 1000 in der Mittelnische (Tabernakel) des Chores der heutigen evangelischen Kirche erhalten. Die unmittelbare kirchliche Aufsicht hatte in dieser Zeit der Propst der Kirche Sta. Maria ad gradus zu Mainz, der an der Spitze des Archidiakonates im Gebiet von Wetter, Nidda und Kinzig unter dem Erzbischof von Mainz stand 9). Seit dem 11. Jahrhundert waren nämlich die Archidiakonate als Bezirke innerhalb der Diözesen zu großer Bedeutung gelangt, die Pröpste waren eine Art "Unterbischof", die möglichst unabhängig vom Bischof in ihren Sprengeln schalteten und walteten und nur wegen der fehlenden Bischofsweihe in einer Zuordnung zum Bischof standen. Erst das Trienter Konzil hat im 16. Jahrhundert diesen Missstand beseitigt).
Der Archipresbyter, später Dekan des Dekanates Friedberg, war der unmittelbare Vorgesetzte des Usinger Pfarrers. Diesem mittelalterlichen Dekanat Friedberg blieb Usingen bis zur Errichtung des Bistums Limburg im Jahre 1827 verbunden. Kraft herzoglicher Bestimmung vom 26. Januar 1828 wurde das katholische Dekanat Usingen gegründet 11).
Anfang des 15. Jahrhunderts wird Usingen bereits als selbständige Pfarrei beurkundet mit den Dörfern Dorfweil, Rod am Berg und t Skanweil12).
Im Jahre 1475 wurde für den Neubau einer Laurentius-Kirche durch den Papst Sixtus ein Ablass bewilligt. Der Grundstein dieses Neubaus aus dem Jahre 1490 ist uns erhalten und befindet sich an der Nordwestecke der heutigen evangelischen Stadtkirche. Im ,Jahre 1518 konnte die neuerrichtete Kirche eingeweiht werden 13).
2. Die Reformation in Usingen
Am 28. Mai 1523 starb Graf Ludwig von Nassau-Weilburg, der Enkel jenes Grafen Philipp 11., der 1466 Usingen die Stadtrechte verliehen hatte, Gründer des Liebfrauenklosters der Johanniter im Pfannstiel bei Weilburg war und 1492 im Alter von 73 Jahr,\3n gestorben ist. Jener Philipp 11. hatte seinen Sohn Johann um 12 Jahre überlebt und übergab demzufolge bei seinem Tod 1492 die Regierung seinem damals 26jährigen Enkel Ludwig. Bei dessen frühem Tod im Jahre 1523 kam wiederum ein junger Mann an die Regierung, Philipp 111., geboren am 24. 9. 1504 und zur Zeit des Regierungsantritts noch nicht 19 Jahre alt 1).
Philipps Jugend macht es verständlich, dass er in den für unser Gebiet entscheidenden Jahren der Reformation von 1517-1527 eine eher zögernde Haltung einnahm. H. Steitz schreibt zu diesem Geschichtsabschnitt unserer Heimat:
Erste Anzeichen einer Reformatorischen Bewegung in Nassau finden sich 1524 in Weilburg. Der Hofprediger Heinrich Stroß, genannt Romanus, und der Sekretär Johannes Chun warben eifrig für die Sache des Evangeliums. 1526 kam der Mann nach Weilburg, der die Reformatorische Bewegung mächtig vorantrieb: Erhard Schnepf. Schnepfs Arbeit war (aber) dadurch behindert, dass der Graf mit der Einführung der Reformation zögerte" 2).
Die Erzbischöfe von Trier (für Weilburg) und Mainz (für Usingen) hatten sich nämlich in den Gang der reformatorischen Bewegung eingeschaltet und beim Grafen wegen der Tätigkeit Schnepf's (1526) und der Behinderung geistlicher Gerichtsbarkeit (1527) protestiert. Philipp verteidigte Schnepf als "fromm, ehrbar und gelehrt" 3). Unter dem Einfluss des bedeutenden Predigers Schnepf wurde Graf Philipp 111. immer mehr für die Sache Luthers eingenommen, so dass man wohl sagen kann, dass der Landesherr von Nassau-Weilburg beim Weggang Schnepfs 4) im Herbst 1528 den Glauben der Reformation angenommen hatte 5). "Der Augsburger Reichstag von 1530 scheint seine entschiedene Haltung gefestigt zu haben", schreibt Steitz 6).
In Usingen wurde die Reformation im Jahre 1530 eingeführt. Graf Philipp 111. pensionierte am Freitag nach Ostern dieses Jahres, am 22. April, den bisherigen katholischen Pfarrer Walther von Kirchheim und berief den Prediger Johann Schäfer (Opilio) aus Elz, der als erster protestantischer Pfarrer bis 1540 sein geistliches Amt verwaltete 7).
Diese Angaben werden bestätigt durch die Usinger Baumeisterrechnungen, in welchen seit dem Jahre 1530 die Abholung des HI. Oles von Friedberg nicht mehr erwähnt wird 8).
Im Zusammenhang mit der Reformationsgeschichte in Usingen dürfte es von Interesse sein zu erfahren, dass zwischen der Stadt Usingen und dem Reformator Martin Luther eine indirekte Beziehung bestanden hat.
Einer seiner Lehrer in den philosophischen Studien (1501-1505) an der Universität Erfurt stammte aus Usingen. Es ist der als Bartholomäus Arnoldi von Usingen bekannte Erfurter Philosoph und Theologe 9).
Er war um 1465 in Usingen geboren und wurde als "Bartholomäus Textoris de Usyngen" 1°) an der Universität Erfurt immatrikuliert. Seine Brüder Laurentius und Dietrich folgten ihm später. Der Name von Luthers Lehrer ist demnach Bartholomäus Weber (= Textor) und er ist der Sohn des Arnold Weber (filius Arnoldi Textoris), ein Name, der bis heute in Usingen vertreten ist. Nach dem damaligen Brauch nennt Luther seinen Lehrer, der noch mit 50 Jahren 1512 Luther in den Augustiner-Orden folgte, in seinen Schriften nur "Usingus" - den Usinger. Bartholomäus Weber scheint der reformatorischen Bewegung Luthers im Anfang wohlwollend gegenübergetreten zu sein, ging er doch in seinen Schriften mit den Missständen innerhalb der Kirche scharf ins Gericht. Dennoch schloss er sich nicht dem Reformator an, obwohl dieser es gerne gesehen hätte. So wandelte sich das frühe, vertraute Lehrer-Schüler-Verhältnis von Jahr zu Jahr mehr, bis es zur offenen Gegnerschaft kam.
3. Die Wiedererrichtung der katholischen Gemeinde Usingen und der Bau einer neuen Kirche im Jahre 1876
Nach der Pensionierung des letzten katholischen Pfarrers war die Usinger Kirchengemeinde dem Glauben der Reformation beigetreten.
Erst seit dem Jahre 1775 kamen wieder katholische Bürger nach Usingen. Die erste katholische Familie war die des Italieners Franz Frigerio und seiner Ehefrau Anna Dorothea geb. Müller mit neun Kindern 1).
Vom Jahre 1804 an bot sich den wenigen Katholiken Usingens die Möglichkeit, in der für die Fürstin-Witwe Marie Maximiliane von Saarbrücken im rechten Turm des Usinger Schlosses errichteten Kapelle den Gottesdienst zu besuchen, der allerdings an Montagen gehalten wurde, zuerst vom Wehrheimer, später vom Kransberger Pfarrer 2).
In dieser Kapelle stand bereits die heute noch im Besitz der Gemeinde befindliche Rokoko-Madonnenfigur aus dem Jahre 17703)..
Durch den Wegzug der Fürstin im Jahre 1818 musste der katholische Gottesdienst allerdings wieder eingestellt werden, so dass die Usinger Katholiken von da an wieder zum Gottesdienst nach Wehrheim, dem für sie zuständigen Pfarrort, gehen mussten. Die Entwicklung der Dinge brachte es mit sich, dass 1832 das damalige Hof- und Appellationsgericht von Wiesbaden in das leerstehende Usinger Schloss verlegt wurde. Durch diese Maßnahme kamen auch einige katholische Familien nach Usingen. Die Pfarrchronik berichtet, dass infolgedessen neuerlich eine regelmäßige Gottesdienstgelegenheit für die in Usingen lebenden katholischen Mitbürger geschaffen wurde. Man richtete eine neue Kapelle im linken Flügel des Schlosses ein. Fortan wurde dem Pfarrer von Wehrheim aufgetragen, an allen Sonn- und Feiertagen einen zusätzlichen Gottesdienst in Usingen zu halten. In diesen Jahren tauchte bereits der Gedanke auf, in Usingen eine selbständige SeelsorgesteIle zu errichten, dieser konnte jedoch nicht verwirklicht werden. Der furchtbare Schlossbrand vom 5. 1. 1873, durch den das ganze Gebäude, in dem seit 1851 das evangelische, nassauische Lehrerseminar Unterkunft gefunden hatte 4), zerstört wurde, bedeutete ein wichtiger Einschnitt für das Leben der kleinen katholischen Gemeinde. Mit dem Schloss war auch die Kapelle zerstört worden, nur das Inventar konnte gerettet werden. So musste Abhilfe geschaffen werden. Der zuständige Pfarrer von Wehrheim, August Weil, bewerkstelligte den Ankauf eines Hauses und eines Grundstückes. Daraufhin errichtete das Bischöfliche Ordinariat Limburg am 16. Mai 1873 eine selbständige katholische Seelsorgesteile Usingen und ernannte zum gleichen Termin, einen Tag nach Inkrafttreten der Kulturkampfgesetze, in der Person von Heinrich Overhage den ersten katholischen Pfarrer nach der Reformation für die Gemeinde Usingen. Innerhalb von drei Jahren gelang es Pfarrer Overhage trotz größter finanzieller Schwierigkeiten, eine Kirche und ein kleines Pfarrhaus zu bauen, so dass Bischof Peter Joseph Blum von Limburg die neue Kirche am 24. Oktober 1876 einweihen konnte.
4. Die Usinger katholischen Pfarrer von 1876 bis heute
Heinrich Overhaage 1873-1892
Heinrich Overhage stammte aus dem Münsterland, wo er am 29. Juni 1841 in Billerbeck geboren wurde.
Am 16. Mai 1873 wurde er zum Pfarrvikar für die Usinger Gemeinde ernannt. Mit großer Tatkraft und Umsicht leitete er in den folgenden drei Jahren den Bau von Kirche und Pfarrhaus. Am 24. Oktober 1876 erfolgte die Weihe der neuen Kirche durch Bischof Peter Joseph Blum. Wenige Tage vor der Kirchenkonsekration wurde Overhage zum Pfarrer ernannt.
Bis 1886 konnte die große Schuldenlast abgetragen werden. 1887 zum Dekan des Dekanates Usingen ernannt erlebte Overhage noch die kirchenrechtliche Erhebung der Seelsorgestation Usingen zur Pfarrei am 8. Oktober 1892 und beging am 20. November des gleichen Jahres sein Silbernes Priesterjubiläum.
Vollendet wurde sein Werk in Usingen durch den Bau eines Schwesternhauses mit einer katholischen Krankenpflegestation am Schlagweg. Am 31. Oktober 1892 wurde das Schwesternhaus eingeweiht und den Schwestern von der "Göttlichen Vorsehung" in Mainz übergeben.
Wenig später starb der tatkräftige erste Usinger Pfarrer im 51. Lebensjahr am 10. Mai 1893 in Mainz. Seine letzte Ruhestätte fand er in der von ihm erbauten Pfarrkirche. Heute erinnert ein Gedenkstein im Boden der neuen Kirche an sein Grab.
Johannes Gramig 1893-1910
Johannes Gramig stammte aus Wirges, wo er am 4. April 1855 geboren wurde. Die Priesterweihe erhielt er am 5. August 1880 in Dillingen und wurde wegen des Kulturkampfes zuerst außerhalb seiner Heimatdiözese angestellt.
Am 25. November 1893 übernahm Gramig die Pfarrei Usingen. Knapp ein Jahr nach seiner Amtseinführung hielt er die erste Fronleichnamsprozession nach der Reformation auf dem Pfarrgrundstück.
Ihm oblag es, die große Schuldenlast für das Schwesternhaus abzutragen. "Die Sammlung von milden Gaben hat im Jahre 1894 und 1895 zusammen 9500 Mk. ergeben. Es bleibt noch eine Restschuld von 7500 Mk." schreibt Gramig in der Chronik des Jahres 1895. Im Jahr darauf kaufte Pfarrer Gramig eine zweite 69 kg schwere Glocke, die bis dahin zu einer Uhr an einem Frankfurter Bahnhof gehört hatte und noch heute erhalten ist.
1899 verließen die Mainzer Schwestern Usingen. An ihre Stelle traten, wie die Chronik in der Handschrift Gramigs ausweist, die Qernbacher Schwestern am 26. März 1900.
Am 1. November 1910 verließ Pfarrer Gramig Usingen und übernahm die Pfarrei Lorchhausen. Gestorben am 2. Juli 1931 in St. Goarshausen.
Franz Heuchemer 1910-1920
Zum 1. Dezember 1910 übernahm Franz Heuchemer die Pfarrstelle Usingen. Seine markante Handschrift in der Chronik und in den Kirchenbüchern ist beeindruckend. Geboren am 2. April 1876 in Selters, wurde er am 23. Dezember 1900 zum Priester geweiht. Kurz nach seiner Übersiedelung nach Usingen wurde im Jahre 1912 das neue Krankenhaus unter der Leitung der Diakonissen mit 26 Betten eingeweiht. Im Dezember 1912 wurde die Bahnstrecke Grävenwiesbach - Wetzlar errichtet, was eine Erleichterung für die Seelsorge der im nördlichen Teil der Pfarrei wohnenden Gläubigen bedeutete. An dem 3jährigen Bahnbau waren auch 300 Italiener beteiligt, die "dem Pfarrer von Usingen in religiöser Hinsicht viel Sorgen machten." (Heuchemer)
Nach den Kriegsjahren mit seinen wechselvollen Ereignissen starb Pfarrer Heuchemer am 2. September 1920 und wurde als erster katholischer Pfarrer auf dem Usinger Friedhof beigesetzt.
Anton Ehl 1920-1931
Anton Ehl wurde am 9. Juni 1882 in Heiligenroth bei Montabaur geboren und nach seiner Kaplanszeit und seiner Tätigkeit als Spiritual im Mutterhaus der Dernbacher Schwestern am 1. November 1920 zum Pfarrer von Usingen ernannt.
Er ist den älteren Gemeindemitgliedern noch als emsiger, pflichteifriger und frommer Priester bekannt, der mit Umsicht die im Laufe der Jahre größer gewordene Pfarrei führte.
Im Jahre 1923 beging Pfarrer Ehl mit der Gemeinde den 50. Jahrestag der Errichtung der SeelsorgesteIle Usingen mit einem Triduum, einem Festgottesdienst und einer Festversammlung.
Im Jahre 1927 entschlossen sich zwei Söhne der Gemeinde, Theodor Andreas und Reinhard Nees zum Ordensberuf. Theodor Andreas trat in die Genossenschaft der Salesianer und Reinhard Nees in den Cisterzienser-Orden in Marienstatt ein.
Ein Jahr später gründete Pfarrer Ehl in der Pfarrei den katholischen Jungmänner-Verein.
Am 26. Juli 1931 konnte Pfarrer Ehl mit seiner Gemeinde zum ersten Male seit der Reformation die Primiz' eines geborenen Usingers, des Cisterzienser-Paters Norbert (Reinhard) Nees, der am 19. Juli in Marienstatt zum Priester geweiht worden war, begehen. Pater Nees starb am 8. Mai 1943 durch Unfall auf einer Indianer-Missionsstation in Bolivien.
Wegen seiner angegriffenen Gesundheit verließ Pfarrer Ehl zum 31. Dezember 1931 die Pfarrei und übernahm die Pfarrei Offheim. Er starb am 30. Mai 1965 in Dernbach.
Adolf Möller 1932-1967
Zum Nachfolger von Pfarrer Ehl wurde am 1. Januar 1932 der bisherige Kaplan in Wiesbaden-Dreifaltigkeit, Adolf Möller, ernannt. Geboren am 10. Oktober 1892 in Hilders/Rhön, verbrachte er seine Jugendjahre in Wiesbaden. Sein Studium wurde durch die Teilnahme am Weltkrieg 1914-18 unterbrochen. Am 17. Oktober 1920 wurde Adolf Möller im Dom zu Limburg zum Priester geweiht.
Die Tätigkeit von Pfarrer Möller ist den meisten Pfarrangehörigen noch in guter Erinnerung. In seiner kernigen, humorvollen und volkstümlichen Art leitete er die Gemeinde durch schwere Jahre der nationalsozialistischen Verfolgung, des Krieges und der Nachkriegszeit.
Am 12. Juli 1936 konnte Pfarrer Möller die 2. Primiz eines Pfarrkindes, des Salesianerpaters Theodor Andreas mit der Gemeinde begehen. Pater Andreas starb am 8. Januar 1968 in seiner Missionspfarrei Vellore/lndien.
Als nach 1945 die Heimatvertriebenen in den Westen Deutschlands strömten, wuchs die Gemeinde auf über 1000 Gemeindemitglieder an.
Am 9. November 1952 konnte die Grundsteinlegung für eine Kirche in Grävenwiesbach vollzogen werden, wo Vikar Niedenzu aus Schlesien die Gläubigen des nördlichen Teiles der Pfarrei versorgte, ein Jahr später konnte die dortige Kirche eingeweiht werden.
Am 30. Dezember 1956 feierte Pfarrer Möller sein 25jähriges Ortsjubiläum. Danach stand ihm noch die wichtigste Aufgabe in der Pfarrei bevor, die zu seiner eigentlichen Lebensaufgabe wurde: der Bau einer neuen Pfarrkirche für seine Gemeinde, nachdem die bisherige viel zu klein geworden war. Am 21. April 1959 begann der Abbruch der alten Kirche, bereits 10 Wochen später, am 5. Juli, war die Grundsteinlegung und am 19. November des gleichen Jahres das Richtfest.
Das Jahr 1960 brachte die Krönung vieler Mühen und Sorgen, die Pfarrer und Gemeinde miteinander getragen hatten: Am Sonntag, 4. September, weihte Bischof Dr. Wilhelm Kempf die neue St. Laurentius-Kirche ein. Ein Jahr später schon konnte von der Firma Wagenbach, Limburg, eine Orgel mit 16 Registern für die Kirche angeschafft werden. Am 19. April 1964 erhielt der Kirchturm vier neue Bronzeglocken aus der Werkstatt der Firma F. W. Schilling, Heidelberg. Es sind die Laurentiusglocke (710 kg), die St. Georgs-Glocke (500 kg), die Marienglocke (380 kg) und die St. Josefs-Glocke (300 kg). In der Reihenfolge es", b', c", g' wird ein bekanntes Motiv aus der Gralsgeschichte des "Parsifal" von Richard Wagner vermittelt.
So war das große Werk, das Pfarrer Möller sich infolge der veränderten Zeitverhältnisse vorgenommen hatte, vollendet.
Aus Gesundheitsgründen trat der verdiente Pfarrer, der bereits am 20. Dezember 1952 in Anerkennung seiner Verdienste zum Geistlichen Rat ernannt worden war, am 30. April 1967 in den Ruhestand. Er starb am 7. Juli 1971 in seiner Wohnung im Usinger Schwesternhaus.
Raimund Gärtner 1967 - 1995
Geboren am 6. August 1930 in Frankfurt am Main und am 8. Dezember 1956 zum Priester geweiht, wurde Raimund Gärtner am 6. April 1964 zum Kaplan in Usingen ernannt mit dem Auftrag, den Geistlichen Rat Möller in der Seelsorgsarbeit zu unterstützen. Am 1. Mai 1967 wurde Kaplan Gärtner zum Pfarrer von Usingen ernannt.
Im Jahre 1974 erfolgte die Innenrenovierung der Pfarrkirche und die Neugestaltung des Chores nach den Richtlinien der beim 2. Vatikanischen Konzil beschlossenen Liturgiereform.
Die Gemeinde zählt heute 2600 Mitglieder.
Jürgen Paul 1995 - 2005
Pfarrer Jürgen Paul betreute von August 1995 genau 10 Jahre den pastoralen Raum Usingen mit den Gemeinden Usingen, Grävenwiesbach, Wernborn und Kransberg. Im Oktober 2005 wechselte er nach Idstein in die Gemeinde St. Martin.
Paul Lawatsch 2005 - 2021
Nachfolger von Pfarrer Paul wurde der bisher in den Gemeinden Neu-Anspach und Wehrheim tätige Pfarrer Paul Lawatsch. Die mittlerweile knapp gewordenen finanziellen Mittel und der immer akuter werdende Priestermangel zeigte nun seine erste Auswirkung: Usingen ist nach über 100 Jahren keine Pfarrei mit ortsansässigem Pfarrer mehr.
Zuständiger Priester der Usinger Gemeinde und des neu gebildeten Pastoralen Raumes Usinger Land wurde Pfarrer Paul Lawatsch mit Sitz in Neu-Anspach.
Die personelle Situation bei den Priestern, Diakonen und hauptamtlichen pastoralen Mitarbeiter/innen und die negative Mitgliederentwicklung trifft seit einigen Jahren auch unser relativ kleines Bistum und macht ein Umsteuern durch Bischof und Bistumsleitung notwendig.
Die Zusammenlegung der Pastoralen Räume Neu-Anspach und Usingen zum „Pastoralen Raum Usinger Land“ (01.09.2005) wurde ebenso verfügt, wie die später erfolgte Zuordnung der vier Schmittener Kirchengemeinden zum Usinger Land (01.01.2012). Anschließend sollte in einem überschaubaren Zeitraum eine „Pfarrei neuen Typs“ (aus miteinander vernetzten Kirchorten und Gruppierungen) entstehen: mit einer Pfarrkirche, Zentralem Pfarrbüro und Sitz des Pfarrers, mit nur noch einem Pfarrgemeinderat und Verwaltungsrat.
Am 8. Februar 2014 wurde unsere neue Pfarrei St. Franziskus und Klara Usinger Land gegründet, zu der unser Kirchort St. Laurentius Usingen nun gehört.
Tobias Blechschmidt ab 2021
Nachdem Pfr. Paul Lawatsch zum 31.01.2021 in den verdienten Ruhestand verabschiedet wurde, konnte nach nur 4-wöchiger Vakanz Tobias Blechschmidt am 07.03.2021 von dem stv. Bezirksdekan Andreas Unfried in sein neues Amt eingeführt werden.